Radiologisch Isoliertes Syndrom RIS – früher Hinweis auf Multiple Sklerose?

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In den vergangenen Jahren wurde in der MS-Forschung der Begriff «radiologisch isoliertes Syndrom» (RIS) eingeführt. Das RIS beschreibt einen Zufallsbefund, bei dem sich Läsionen in der Magnetresonanztomografie (MRT) zeigen, die typisch für Multiple Sklerose sind. Die Betroffenen weisen jedoch keine Krankheitssymptome einer MS- auf – weder in der medizinischen Vorgeschichte noch in der neurologischen Untersuchung.

Bei etwa der Hälfte der Personen mit einem RIS entwickelt sich im Verlauf von 10 Jahren eine klinisch gesicherte Multiple Sklerose. Ein höheres Risiko für den Übergang des RIS zu Multipler Sklerose oder einer Vorstufe, dem «klinisch isolierten Syndrom» (KIS), ist gegeben, wenn eine oder mehrere Faktoren zutreffen:

  • Personen unter 37 Jahren, die
  • bestimmte Eiweisse ausschliesslich im Liquor (Hirnwasser) aufweisen,
  • im MRI kontrastmittelaufnehmende Läsionen haben, die an bestimmten Stellen im Zentralnervensystem (Rückenmark, Kleinhirn, Hirnstamm) auftreten,
  • neue Läsionen in einem Verlaufs-MRI zeigen.
Kommen Medikamente zum Einsatz?

Bisher gibt es keine immunmodulierenden Behandlungen für das RIS. In zwei randomisierten klinischen Studien verhinderte die Behandlung mit Teriflunomid oder Dimethylfumarat bei einigen RIS-Betroffenen jedoch das Auftreten einer Multiplen Sklerose.

Diese Situation wirft die Frage auf, ob und wem die Behandlung angeboten werden sollte. Da die beiden obigen Wirkstoffe derzeit nicht zur Behandlung des RIS in der Schweiz zugelassen sind, gelten sie als Off-Label-Use. Die Kostenübernahme durch die Versicherung ist somit nicht zwingend.

Risikofaktoren mindern

Der medizinisch-wissenschaftliche Beirat empfiehlt, RIS-Betroffenen regelmässige Folgeuntersuchungen anzubieten, um die klinische Krankheitsaktivität und Veränderungen im MRT frühzeitig zu erkennen. Zudem wird empfohlen, dass RIS-Betroffene ihren Lebensstil bei Bedarf ändern, um das Risiko der Entstehung einer MS zu verringern.

Diese Lebensstiländerung umfasst das Einstellen allfälligen Tabakkonsums, eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht und regelmässige Bewegung. Zudem wird empfohlen, Vitamin D zu ergänzen, um einen Spiegel im hohen normalen Bereich von 100 nmol/l zu halten.

Behandeln oder nicht?

In spezifischen Fällen kann eine Off-Label-MS-Behandlung in Betracht gezogen werden. Sie sollte mit einem auf die MS-Behandlung spezialisierten Neurologen eingehend besprochen werden.

Beispiele für spezifische Fälle sind Betroffene, die die meisten der vorgenannten Risikofaktoren aufweisen, sowie Fälle, in denen Folge-MRT-Untersuchungen ein Fortschreiten der Läsionen zeigen. Jedoch ist und bleibt auch in dieser Gruppe eine Änderung des Lebensstils zur Reduzierung des Risikos für den Übergang in eine MS ein wichtiger Faktor.

 

Autor:

Medizinisch-Wissenschaftlicher Beirat der Schweiz. MS-Gesellschaft